Chronologie der Gruppe / des Vereins 1966 bis 2006
1966 übernimmt der Dresdner Maler und Grafiker Klaus Drechsler eine Gruppe unter der Trägerschaft des „VEB Strömungsmaschinen Pirna“. Die ersten Arbeitsräume waren in der obersten Etage des Schlosses Sonnenstein. Das kunstpädagogische Angebot wurde von verschiedenen Generationen genutzt und war eine Insel abseits des DDR-Alltags. Eine Vielzahl von malerischen und grafischen Techniken wurden vermittelt, das Angebot wurde auf Buchbesprechungen, Atelier- und Ausstellungsbesuche sowie diverse Exkursionen erweitert. Anfang der 90er Jahre entstand die Vortragsreihe „Meilensteine der Kunstgeschichte“ die K. Drechsler bis 2005 mit 10 Referaten im Jahr allein bestritt. Aktivitäten gab es weiterhin mit Ausstellungen und Angeboten zum Stadtfest Pirna.
Nach der Aufkündigung der Trägerschaft durch den Großbetrieb 1990 folgten mehrere Umzüge in verschiedenste Räumlichkeiten. 1991 resultierte die Gründung zu einem eingetragenen Verein mit dem Status der Gemeinnützigkeit. Nach 40 Jahren, in denen sich K. Drechsler zu einem hervorragenden Vermittler in der Anleitung künstlerischer Fragen entwickelte, übergab er die künstlerische Leitung des Vereins an einen anderen Dresdner Künstler.
Chronologie des Vereins ab 2006
Der Dresdner Künstler Detlef Schweiger der als Maler, Grafiker und Musiker in noch vielen anderen künstlerischen Sparten aktiv ist, leitet den Verein seit 2006. Überwiegend besteht das Programm aus Langzeitprojekten, die in einer Ausstellung zum „Tag der Kunst“ ihren Höhepunkt haben. Die intensive Auseinandersetzung über einen längeren Zeitraum hat eine Konzentration auf das Thema zur Folge.
D. Schweiger bietet beständig im September des Jahres eine umfassende Führung durch die Ausstellungshallen der „OSTRALE“ an, diese zeichnet sich durch ein großes Angebot internationaler zeitgenössischer Kunst in Dresden aus. Die Vortragsreihe wird mit interessanten Themen sowie wechselnden Referenten weitergeführt. Der Verein scheint, dank der Vermittlung der Stadt Pirna, nun dauerhaft in Vereinsräumen im Hinterhaus der Stadtbibliothek Pirna arbeiten zu können.
Ein kunstpädagogisches Angebot über fünf Jahrzehnte
Die Gründung des „Mal- und Zeichenzirkel / Pirna – Sonnenstein“ ist nun fünf Jahrzehnte her. Rückblickend in die 60er Jahre der DDR, war die Laienkunst in einer Volkskunstbewegung gewollt und kontrolliert. Die volkseigenen Betriebe hatten die Aufgabe kreative Gruppen zu bilden und so bezog 1966 neben einem Fotoclub, in der obersten Etage des maroden Pirnaer Schlosses Sonnenstein, ein Grüppchen Kunstinteressierte zwei Räume. Es wurde ein junger Absolvent der Hochschule für Bildende Künste Dresden mit der Anleitung dieses Zirkels verpflichtet. Klaus Drechsler, Jahrgang 1940, war schon zu dieser Zeit politisch vernarbt. Aus Schlesien kommend, mit der Familie und deren Tragik zwischen den Kriegsfronten taumelnd, wurde sein Lebensmittelpunkt Dresden. Nach einem praktischem Jahr als Betonarbeiter, kann man die Zeit an der HfBK Dresden für Klaus Drechsler wichtig nennen, trotz der damaligen politischen Prägung und der Vorgaben der Hochschule.
Der Kontakt nach Pirna und zu dem „VEB Strömungsmaschinenbau“ war hergestellt, Klaus Drechsler überzeugte mit seiner Kompetenz und leitete die Gruppe, welche von den Generationen her gemischt war. Es ist eine Insel abseits des DDR-Alltags gewesen, hoch über dem Elbtal und mit dem unverstellten Weitblick über Copitz zu den östlichen Elbhängen bei Pillnitz. Und es war mit den eigenen Mal- und Zeichenübungen sowie den nicht ausbleibenden Gesprächen, die auch systemkritisch waren, eine Augen- und Lebensschule freien Geistes.
So wie auch jetzt nach Jahrzehnten wurde von der Zeichnung ausgegangen und wir praktizierten die verschiedensten malerischen und grafischen Techniken. Große Stillleben wurden über Wochen mit Feder gezeichnet. Aber auch der Ölmalerei wurde gehuldigt. Weiterhin dem Aquarell, dem Pastell, der Hinterglasmalerei sowie der Kaltnadelradierung, dem Linolschnitt und der Monotypie. Mit Ausstellungs- und Atelierbesuchen, Exkursionen sowie einer von der Gruppe organisierten Vortragsreihe, den „Meilensteinen der Kunstgeschichte“, wurde das Angebot ergänzt.
Für einige Mitglieder ist diese kleine Akademie sehr prägend gewesen, da bis zu den 80er Jahren die Vermittlung auch zur Berufsvorbereitung genutzt wurde. So lebt unter anderem eine Künstlerin, für die der Zirkel wichtig war, in Wehlen. Zwei Künstler, die Berührung mit der Gruppe hatten, leben in Berlin und werden durch renommierte Galerien vertreten. Es gibt Gebrauchsgrafiker, Textilgestalter, Architekten aus sowie in unseren Reihen und ein langjähriges Mitglied arbeitet in einer Dresdner Galerie für zeitgenössische Kunst.
Dass wir aber im Überwachungsstaat ständig beäugt wurden, bewiesen die Besuche von diversen Herren, die sich für Kunst interessierten, aber sehr schnell wieder gingen. Mit der Unterstützung und Würdigung des Bezirkskabinetts für Kulturarbeit bekam Klaus Drechsler eine Bestätigung seiner Arbeit und einige Mitglieder die Möglichkeit Förderkurse über mehrere Tage zu nutzen, die von diesem Dresdner Kabinett aus organisiert wurden.
Mit der politischen Wende wurden wir aus der Trägerschaft des Großbetriebes entlassen und es folgte die Vereinsgründung. Somit hatte dieses kunstpädagogische Angebot weiter Bestand, auch wenn wir bis in die jüngste Zeit wiederholt Schwierigkeiten mit den Arbeitsräumen hatten. Die Mitglieder wechselten natürlich ständig, aber es gab eine recht lange Zeit eine feste Stammgruppe. 2006 legte Klaus Drechsler verdienter Maßen nach 40 Jahren seine Tätigkeit in andere Hände. Seine Vermittlung hat einen starken Nachklang, auch auf der intensiven theoretische Ebene. Er hat die bereits erwähnte Vortragsreihe mit 10 Referaten im Jahr seit Anfang der 90er Jahre allein bestritten und dies Dank seiner hervorragenden kunstpädagogischen Fähigkeiten, die sich über die Zeitspanne und mit seinen Erfahrungen, präzisierten.
Der Maler, Grafiker, Musiker, Performer und Multimediakünstler Detlef Schweiger, geboren 1958, hat nun die Rolle des künstlerischen Leiters übernommen und die Gruppe weitere 10 Jahre zu diesem Jubiläum geführt. Er studierte an der Humboldt – Universität in Berlin und ist seit 1986 freiberuflich tätig. Er lebt und arbeitet im “Kleinen Künstlerhaus” in Dresden – Loschwitz. Und wie sollte es anders sein, die Arbeitsweise mit der Gruppe hat sich geändert. Wir haben in dieser Zeit einige Langzeitprojekte umgesetzt, die eine Intensivierung der künstlerischen Auseinandersetzung zur Folge hat und ihren Höhepunkt immer in einer kleinen Ausstellung fand. So gab es schon die „Zirkelation“, die Stilllebenreihe „Nagelprobe“ und „Scherben“, eine Porträtausstellung sowie die Schau unter dem Motto „Am Sonnenstein“. Aber standen alle Aktivitäten immer in enger Verbindung zu Pirna und geben dem Verein, wie es uns auch bestätigt worden ist, eine gute Wirkung nach außen.
Wenn eine eigene Einschätzung erlaubt ist: wir schaffen individuelle kleine Kunstwerke, die von eigenen Erkenntnissen und Entwicklungen geprägt sind. An jedem Montag wird jeder, dem ein Blatt, eine Malerei oder eine Grafik gelungen ist, ein Stück Kreativität mit nach Hause nehmen. Und er trägt diesen Moment weiter, wenn er sein kleines Glück präsentiert oder vielleicht auch verschenkt.
Die stille Kunst mit ihrer Sensibilität, eben als bildend eingestuft und verbunden mit den ausgeprägten Handschriften sowie grafischen Werten, hat unsere Mappen gefüllt. Mit dem Thema dieser Jubiläumsausstellung zeigen die Mitglieder des Jahres 2016 das, was wir am besten können: Zeichnen. Und wir zeigen uns, selbstbewusst in einer von Autor zu Autor unterschiedlichen künstlerischen Umsetzung: „ZEICHNERzeichnenZEICHNER“. Das gegenseitige Betrachten, die stille Kommunikation, das Fixieren einer HALTUNG! Und dies bitte im doppelten, vielleicht auch im dreifachen Sinn: die Körperhaltung des Porträtierten, die Aussage der Arbeit sowie die Haltung zu einer künstlerischen Umsetzung des Autors.
Thomas Hauthal
Vorsitzender des Vereins seit 1991
Februar, 2016